Die Palmöl-Problematik

Was ist Palmöl?

Palmöl und Palmkernöl sind Pflanzenöle, die aus dem Fruchtfleisch der Früchte der Ölpalme, beziehungsweise aus dem Palmkern gewonnen werden. Palmöl ist mit über 30% Marktanteil vor Sojaöl das am meisten angebaute Pflanzenöl der Welt. Die Weltproduktion von Palmöl stieg in den letzten Jahren teilweise über 15 % pro Jahr. 2015 wurden weltweit etwa 60 Millionen Tonnen Palmöl produziert. Zum Vergleich: 2001 waren es noch 25,6 Millionen Tonnen.

 

Die wichtigsten Anbauländer für Ölpalmplantagen sind Malaysia und Indonesien mit zusammen über 85 % der Weltproduktion. Allein Indonesien steigerte seine Produktion seit 2002/03 um 66 % und überholte im Wirtschaftsjahr 2005/06 den Marktführer Malaysia. Die Anbauflächen in Malaysia und Indonesien haben sich seit 1990 verzehnfacht. Tendenz steigend. Aktuell betragen die Gesamten Palmölplantagen Indonesiens gut 8 Millionen Hektar. Und sie sollen auch noch bis 2020 auf 13 Millionen und auf 20 Millionen bis 2025 ausgedehnt werden.

 

Palmöl wird weltweit vor allem in der Lebensmittel-Industrie verwendet (vorwiegend in Süsswaren und Fertigprodukten), jedoch auch in Hygiene-und Reinigungsmitteln, der Chemie, oder auch in der Energiegewinnung benutzt.

 

Wieso wird Palmöl verwendet?

Beliebt ist das Öl in erster Linie aufgrund seines hohen Ertrags. So ist der Ertrag eines Hektars Palmölplantage etwa 3-mal so hoch wie der von Rapsöl und 7-mal so hoch wie der Ertrag von Sojaplantagen. Dies führt ebenfalls dazu, dass das Palmöl das weltweit billigste Öl ist. Das Öl wird vor allem in der Lebensmittelindustrie aufgrund seiner cremigkeit und seiner Hitzebeständigkeit verwendet.

 

Palmöl-Konsum

Ein Grossteil des Palmöls wird in den asiatischen Ländern konsumiert, vor allem in Indien (22%) und China (12%). Doch auch Malaysia und Indonesien selbst, sowie Pakistan und Thailand verwenden recht hohe Quantitäten der Öls. Und doch ist die Europäische Union mit etwa 14% des weltweiten Konsums der 2.-grösste Absatzmarkt für Palmöl.

 

Nach Schätzungen des Forum für Nachhaltiges Palmöl (FONAP) wird der Palmöl-konsum in Europa vor allem durch die Energie-Produktion angetrieben (Biodiesel), die nach aktuellen Schätzungen auch knapp 50% des Palmöl-verbrauchs in Europa ausmacht. In anderen Märkten, wie z.b. der Lebensmittelproduktion ist der Verbrauch von Palmöl bereits seit mehreren Jahren rückläufig.

 

Auswirkungen auf Mensch und Natur

Obwohl die Ölpalme weltweit die höchste Produktivität an Öl aufweist, stehen OUHL sowie viele andere Naturschutzorganisationen weltweit ihr sehr kritisch gegenüber. Der Hauptgrund hierfür ist nicht die Pflanze selbst, sondern die Art der Landwirtschaft mit der sie betrieben wird

 

Abholzung

Riesige Palmölplantagen prägen heutzutage viele Gegenden und Gebiete Indonesiens und Malaysias. In diesen Monokulturen sind Tiere generell nicht geduldet, Orang-Utans und andere Tiere werden beispielsweise abgeschossen, um das Leben der Menschen in deren Nähe zu sichern.

 

Diese riesigen gerodeten Flächen waren noch vor wenigen Jahren Regenwald, ein Regenwald, der mit seiner großen Biodiversität den Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen darstellte. Da die Ölpalme nur in tropischem Klima gedeihen kann, stehen diese Regenwälder in direktem Konkurrenzkampf mit der Palmölproduktion und werden somit immer weiter gerodet. Dies führt dazu, dass viele Tiere sich dort nicht mehr genügend ernähren können und vom Hunger getrieben sich den Menschen gefährlich nähern, wo sie aber oft als gefährlich eingestuft werden und getötet werden.

 

Brandrodung

Obwohl das Klima und die Regenwälder Indonesiens und Malaysias generell wenig anfällig für Waldbrände sind, kommt es in beiden Ländern immer wieder zu verheerenden Waldbränden. Diese sind generell auf die Versuche zurückzuführen, Regenwälder kontrolliert zu brandroden, um sie als Anbauflächen für Palmöl nutzen zu können. Bei diesen Bränden setzen vor allem Torfböden ihr gespeichertes Kohlendioxid in großen Mengen frei. NASA-Experten zufolge gelangten allein im Zeitraum von August bis Oktober 2015 bis zu 600 Millionen Tonnen Treibhausgase durch diese Waldbrände in die Erdatmosphäre, dies entspricht ungefähr der jährlichen Emission der Bundesrepublik Deutschland. Indonesien ist inzwischen mit drei Milliarden Tonnen der weltweit drittgrößte Erzeuger von Treibhausgasen hinter den USA und China!

 

Menschenrechtsverletzungen

Vor allem in Indonesien geht der Anbau von Palmöl oftmals mit schlechten Arbeitsbedingungen, sozialer Ungerechtigkeit, Landkonflikten und mit massiven Menschenrechtsverletzungen einher. Häufig sind indigene Völker betroffen, die von ihren Ländern vertrieben und ihrer Lebensgrundlage beraubt werden. Obwohl Konzessionen zum Grossteil an soziale Kriterien geheftet sind werden diese in quasi keinem Fall zu 100% befolgt. Plantagenarbeiter leben mit ihren Familien oftmals auf den Palmölplantagen, häufig ohne Kontakt zum Leben außerhalb der Plantage. Umso wichtiger ist es daher, den dort lebenden Kindern u.a. Zugang zu Bildung zu ermöglichen und den Arbeitern Mindestlöhne zu zahlen.

 

Laut Berichten der indonesischen Menschenrechtskommission Komnas HAM können rund 30 Prozent der Menschenrechtsverletzungen direkt mit dem Anbau von Palmöl assoziiert werden.

 

Wilderei

Durch die Palmölindustrie führen Wege immer weiter in die sonst nur schwer zugänglichen Regenwälder. Diese Wege ermöglichen es auch Wilderern, unbeschwert weit in die Lebensräume vieler wilder Tiere vorzudringen, und vereinfachen es ihnen so ihren illegalen Jagdaktivitäten nachzukommen.

 

Gesundheitliche Auswirkungen des Palmöls

Palmöl besteht fast zur Hälfte aus gesättigten Fettsäuren aus, die hohe Cholesterinwerte und Herzkrankheiten verursachen können und als „Dickmacher “ verschrien sind. Palmkernöl, das gerne für Kakaoglasuren, Eiskonfekt und Karamell verwendet wird, besteht sogar zu 80 Prozent aus gesättigten Fettsäuren.

 

Daneben enthält Palmöl sogenannte Fettsäureester (3 -MCPD- und Glycidol-Fettsäureester), die als krebserregend gelten. Vor allem bei raffiniertem Palmöl, ein Bestandteil von Säuglingsmilchnahrung, sind die Schadstoffkonzentrationen hoch. Auch die beliebten Nuss-Nougat- und Schoko-Brotaufstriche enthalten fast durchweg sehr viel Palmöl. Kinder sind besonders gefährdet, da ihr Körpergewicht im Verhältnis zur aufgenommenen Schadstoffmenge gering ist.

 

Zertifizierung

Um die Produktion und Herstellung von Palmöl und Palmkernöl nachhaltiger zu gestalten, haben sich in den vergangenen Jahren verschiedene Zertifizierungssysteme entwickelt. Diese Zertifizierung von Palmöl kann ein starker Hebel sein, um die durch die Palmölproduktion entstandenen ökologischen und sozialen Probleme, wie die Vertreibung indigener Völker oder das Abholzen der Regenwälder, auszubremsen. Eine Zertifizierung bietet eine Möglichkeit, diese Probleme zu formulieren und auch zu lösen.

 

Roundtable on sustainable palmoil

Die Roundtable on sustainable palmoil (nachfolgend RSPO) ist die mit Abstand größte Zertifizierungsstelle von Palmöl. Sie wurde 2004 auf Initiative der WWF gegründet, mit dem Ziel, einen nachhaltigen Standard für Palmöl zu entwickeln und das Engagement der verschiedenen Interessensgruppen zu bündeln und weiter zu verbessern. Diese Interessengruppen entstammen sieben unterschiedlichen Sektoren der Palmölindustrie: Palmölproduzenten, Palmöl verarbeitende Industrie und Händler, Hersteller von Konsumgütern, Einzelhändler, Banken und Investoren sowie Nichtregierungsorganisationen mit umwelt- und sozialem Hintergrund.

 

Aktuell sind knapp 20% des weltweit produzierten Palmöls von der RSPO als nachhaltig zertifiziert. Um von der RSPO als nachhaltig zertifiziert zu werden müssen Kriterien wie die Einhaltung lokaler, nationaler und ratifizierter internationaler Gesetze, Umweltstandards bei Boden-, Wasser- und Abfall-Management sowie bei Pestizideinsatz erfüllt werden. Desweiteren darf keine nach November 2005 neu angelegte Plantage auf Gebieten eines Primärwaldes oder Waldes mit hohem Schutzwert angelegt worden sein und die Rechte der lokalen Bevölkerung, sowie Sozialstandards bei Arbeitsbedingungen, und das Verbot von Kinderarbeit und Diskriminierung müssen beachtet werden. Nicht zuletzt verbieten die RSPO-Standards jegliche Brandrodung.

 

Trotz des prominenten Gründers und der hohen Anzahl an Mitgliedern steht die RSPO heute immer wieder im Verruf, Greenwashing zu betreiben. So haben 2011 zum Beispiel 256 Organisationen weltweit eine gemeinsame Erklärung unterschrieben, die der RSPO vorwirft Augenwischerei zu betreiben und massive Abholzungen des Regenwaldes sowie Misshandlungen der indigenen Bevölkerung zu unterstützen.

 

Die Standards der RSPO sind relativ niedrig und erlauben den Firmen mit nur relativ niedrigen Anteilen an nachhaltigem Palmöl in ihrer eigenen Produktion, sich als nachhaltig darzustellen. Desweiteren steht die von der RSPO praktizierte Methode des Book&Claim unter starker Kritik. Diese gleicht einem Markt für Zertifikate, ähnlich den Emissionszertifikaten. Hier können Lebensmittel-produzenten bei Palmtrace Zertifikate von nachhaltigen Produzenten erstehen, die ihr Palmöl auf dem normalen Markt verkauft haben. Diese Praktiken ermöglichen also Firmen, Palmöl das auf nicht nachhaltige Weise angebaut wurde als nachhaltig zu zertifizieren.

 

Desweiteren werden die Kriterien der RSPO generell als zu lasch angesehen. So werden z.b. nur besonders schützenswerte Wälder als geschützt angesehen. Dies trifft generell vor allem auf primäre Regenwälder zu. Sekundäre Wälder dürfen also weiterhin abgeholzt werden, selbst wenn sie Lebensraum vieler Spezies darstellen. Um als sekundäre Wälder zu gelten reicht es, dass in den letzten Jahrzehnten Waldbrände oder Abholzung geherrscht haben und sie teilweise wieder neu angepflanzt wurden.

 

Vor allem aber wird der RSPO immer wieder vorgeworfen, dass sie nichts unternimmt gegen die ständigen Abholzungen. Dieser Vorwurf muss jedoch etwas revidiert werden. Tatsächlich hat die RSPO lange Zeit nicht durchgegriffen bei Verstößen gegen die eigenen Kriterien. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass sie ausser dem Ausschluss eines Mitglieds kaum über Druckmittel verfügt.

 

In den letzten Jahren hat die RSPO trotzdem ab und an ihre Zähne gezeigt, und immer mal wieder härter durchgegriffen. So wurden zum Beispiel die Palmöl-Giganten Golden Agri Resources oder die IOI-Gruppe aufgrund wiederholter Verstösse ausgeschlossen. Diese Tätigkeiten sind ein kleiner Hoffnungsschimmer, dass die Zertifizierung der RSPO irgendwann doch ein ernstzunehmendes Kriterium für teilweise nachhaltiges Palmöl sein kann.

 

Andere Zertifizierungen

Neben dem RSPO gibt es noch einige wesentlich kleinere Zertifizierungs-modelle. Vor allem interessant ist hier die International Sustainability and Carbon Certification (ISCC), da der Standard dieser Zertifizierung als Richtlinie für die europäische Bio-Sprit Politik gilt.

 

Der ISCC-Standard wurde im Jahr 2006 mit dem Ziel entwickelt, ökologische und soziale Nachhaltigkeitskriterien für alle Arten von landwirtschaftlichen Rohstoffen zu etablieren. Unter anderem wird die Einhaltung der Nachhaltigkeitsanforderungen der Europäischen Union (Erneuerbare Energien Richtlinie - EU RED) im Bereich Biomasse und -energie mit Hilfe des International Sustainability and Carbon Certification-Standards (ISCC) überprüft. Darüber hinaus kann der Standard auch für die Zertifizierung von nachhaltigem Palm(kern)öl genutzt werden (ISCC PLUS).

 

Folgende sechs Prinzipien müssen für die Zertifizierung durch ISCC PLUS eingehalten werden:

  • Schutz und Erhalt von Flächen mit hoher Biodiversität oder hoher Kohlenstoffspeicherkapazität
  • Landwirtschaftliche Produktion unter Einhaltung von guten landwirtschaftlichen Praktiken. Dies beinhaltet den Schutz der Bodenfruchtbarkeit, der Wasserqualität und -quantität, der Minderung von Emissionen sowie die Minimierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln
  • Sichere Arbeitsbedingungen durch Fortbildungsmaßnahmen, Verwendung von Schutzkleidung sowie angemessene und schnelle Hilfeleistung bei Unfällen
  • Einhaltung der Menschen-, Arbeits- und Landrechte sowie Sicherstellung verantwortungsvoller Arbeitsbedingungen, Gesundheit, Sicherheit und Wohlstand der Arbeitskräfte und der indigenen Bevölkerung
  • Einhaltung der regionalen und nationalen Gesetzgebungen sowie relevanter internationaler Abkommen
  • Einhaltung von gutem Management

 

Hoffnungsschimmer

Mentalitätswechsel bei den Banken

Traditionelle Banken waren bislang massgeblich an der Finanzierung von Palmölplantagen beteiligt, egal ob letztere legal oder illegal waren. Mitte 2017 haben jedoch mit ING Paribas und HSBC die beiden ersten Banken ihre internen Regulierungen zur Finanzierung von Palmöl überarbeitet. Wir hoffen darauf dass dieser Trend auch auf weitere Banken übergeht, damit die aktuell kaum abwendbar scheinende Ausbreitung der Plantagen zum wenigst-möglichen Schaden in der Natur führen wird.

 

EU-Politik

Nachdem viele Umweltorganisationen lange gefordert haben, dass Biodiesel abgeschafft wird, hat das Eurpaparlament am 17. Januar 2018 offiziell eingesehen, dass Biosprit keinesfalls so nachhaltig ist wie erwartet und somit dafür gestimmt, dass Palmöl spätestens 2021 nicht mehr in den Tank kommt. Diese Entscheidung ist ein heftiger Schlag für die Palmöl-Industrie und hat direkte Auswirkungen auf die Nachfrage und damit auch die Rentabilität von Palmöl.

 

Firmen wollen nachhaltigeres Palmöl verwenden

Immer mehr Firmen aus der Lebensmittelproduktion geben unter dem Druck der Konsumenten nach und setzen sich das interne Ziel, nur noch 100% nachhaltiges, sogar auf 100% bis zur Quelle zurück verfolgbares Palmöl zu verwenden. Die meisten dieser Firmen hatten sich für 2015 das Ziel gesetzt, diese Kriterien zu erfüllen. Die Realität sieht jedoch leider so aus, dass sehr viele Firmen immer noch zu oft auf nicht-zertifiziertes Palmöl in ihrer Produktionskette zurückgreifen. Mehr Details hierzu können Sie auf der jährlichen Palmoil Scorecard von Greenpeace oder der WWF finden.

 

Können strengere Kriterien der Zertifizierung zu nachhaltigem Palmöl führen?

Auch wenn viele Schritte in Richtung nachhaltiges Palmöl gemacht werden, so muss man doch festhalten, dass selbst die Plantagen, die nicht auf ehemaligen Wäldern angebaut wurden, nicht wirklich als nachhaltig angesehen werden können. Hauptgrund sind die Monokulturen. Im Gegensatz zu anderen Bäumen verliert die Ölpalme kaum Laub. Der Boden erhält also kaum neue Nährstoffe und die Palme kann nur durch teure intensive Düngung überhaupt gedeihen. Desweiteren greifen die Wurzeln der Ölpalme nicht besonders tief, was in einem Land das nach längeren Regenzeiten eine längere Trockenzeit erlebt zur Austrocknung des Bodens führt.

 

Die eher oberflächlich verlaufenden Wurzeln bergen des weiteren noch eine weitere größere Gefahr, und zwar die der Erdrutsche: Immer wieder kommt es nach intensivem Regen zu Erdrutschen bei Palmölplantagen die am Hang wachsen. Diese treffen vermehrt die Häuser der lokalen Bauern, die der Wucht dieser Erdrutsche nicht standhalten und es somit leider immer wieder zu Toten kommt.

 

Da es bei Ölen eine reichliche Vielfalt gibt, kann man Palmöl ohne grössere Probleme in der Küche ersetzen. Damit es jedoch nicht zu einer weltweiten Ersetzung von Palmöl durch Soja-öl kommt, für die wiederum Regenwälder abgeholzt würden, sollte sich jedoch vor allem etwas an den Konsum- und Nachhaltigkeitsgewohnheiten der Menschen ändern.